DER WEGZUG & DIE ERBSCHAFTSTEUER
Der Wegzug aus Deutschland führt nicht immer zum gewünschten Erfolg – nie wieder Steuern in Deutschland zahlen.
Im heutigen Beitrag liegt der Fokus auf den Wegzug und die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungssteuer!
Viele Wegzügler, die Deutschland verlassen, tun dies auch aus erbschaft- bzw. schenkungssteuerlichen Gründen. Denn andere Staaten erheben keine Erbschaftsteuer, zum Teil auch keine Schenkungssteuer (wie z.B. Österreich). Ein Wegzug aus Deutschland kann sich daher durchaus lohnen.
Um den gewünschten Steuereffekt zu erzielen, sind allerdings einige Besonderheiten zu beachten.
Überblick
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE ERBSCHAFTSTEUER
Relevant für eine deutsche Erbschaftsteuerpflicht sind
- Die beteiligten Personen: die Person, die Vermögen überträgt (Erblasser, Schenker) und die Person, die das Vermögen erhalten soll (Erbe, Beschenkte)
- Der Wohnsitz sowie die Staatsangehörigkeit der Beteiligten
- Die Belegenheit des Vermögens und die Art des Vermögens
Im Falle einer unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt das Weltvermögen in Deutschland der Besteuerung. Im Fall einer beschränkten Steuerpflicht unterliegt lediglich sogenanntes deutsches Vermögen der Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht.
Daneben gibt es noch Erweiterungen zu diesen Steuerpflichten – die sogenannte erweitert unbeschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 b) ErbStG) und die erweitert beschränkte Steuerpflicht (§ 4 AStG).
BESTEUERUNG DES WELTVERMÖGENS
DIE GRUNDSÄTZE
Eine deutsche Erbschaftsteuerpflicht bzw. Schenkungssteuerpflicht ist gegeben, wenn der Erblasser/Schenker oder der Erwerber ein Inländer ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).
Es wird sowohl auf die Person des Erblassers/Schenkers als auch die Person des Erwerbers abgestellt.
Als Inländer gelten:
- Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben
- Deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben
Im Falle eines Wegzugs kann man die Steuerpflicht in Deutschland im Prinzip vermeiden. Allerdings gibt es für deutsche Staatsangehörige eine Erweiterung.
ERWEITERTE UNBESCHRÄNKTE STEUERPFLICHT
Zieht eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit aus Deutschland weg, greift die sogenannte erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht für 5 Jahre nach dem Wegzug (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 b) ErbStG).
Insofern besteht weiterhin eine deutsche Schenkungssteuer- bzw. Erbschaftsteuerpflicht für das Weltvermögen innerhalb von 5 Jahren nach dem Wegzug.
Sofern die Erben bzw. die Beschenkten einen deutschen Wohnsitz innehaben, besteht ebenfalls eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland. Denn die Erwerber sind Inländer im Sinne der o.g. Vorschrift. Das Weltvermögen unterliegt dann ebenfalls der deutschen Steuerpflicht.
Tipp: Der Wegzug eines Beteiligten aus Deutschland muss daher nicht zwangsläufig zu einer Steuerfreiheit in Deutschland führen. Es kommt im Wesentlichen darauf an, wer etwas erbt oder wem etwas geschenkt wird.
Beispiel: Die Eheleute Schmitz ziehen aus Deutschland weg. Sie besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. 10 Jahre nach dem Wegzug versterben die Eheleute bei einem Autounfall und die in Deutschland lebenden Kinder erben das komplette Vermögen.
Das Vermögen ist in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig, da die Kinder in Deutschland leben. Die zeitliche Frage spielt vorliegend keine Rolle.
Die Besteuerung des Weltvermögens kann durch Wegzug nur enden, wenn beide Beteiligte keine Inländer mehr sind.
BESTEUERUNG DES INLANDSVERMÖGENS
Nach Ablauf der 5-Jahre „Karenzzeit“ besteht eine Schenkungssteuer- bzw. Erbschaftsteuerpflicht lediglich für sog. deutsches Inlandsvermögen (sog. beschränkte Steuerpflicht § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG).
D.h. diese Vermögenswerte bleiben in Deutschland steuerpflichtig unabhängig von einer zeitlichen Komponente.
Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG sind beispielhaft:
- land- und forstwirtschaftliche Vermögen in Deutschland
- deutsches Grundvermögen
- Betriebsvermögen in Deutschland
- Anteile an Kapitalgesellschaften
- Erfindungen, Gebrauchsmuster, die in einem deutschen Register eingetragen sind
- Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz gesichert sind
- Nutzungsrechte an deutsche Vermögensgegenstände
Beispiel: Die Eheleute Schmitz ziehen aus Deutschland weg. Nach 7 Jahren versterben sie bei einem Autounfall. Die im Ausland lebenden Kinder erben ihr Vermögen. Dazu zählt ein in Deutschland belegenes Grundstück.
Die Beteiligten gelten nicht als Inländer, so dass das Weltvermögen nicht in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig ist. Allerdings liegt eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht vor, da inländisches Vermögen übertragen wird. Es ist eine deutsche Steuererklärung abzugeben.
ERWEITERTE BESCHRÄNKTE STEUERPFLICHT
Neben der oben erwähnten beschränkten Steuerpflicht für deutsches Inlandsvermögen, ist noch eine spezielle Vorschrift zu beachten: die sogenannte erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht.
Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht (§ 4 AStG) findet in folgenden Konstellationen Anwendung:
- Natürliche Personen,
- die in den letzten 10 Jahren vor dem Wegzug insgesamt mindestens 5 Jahre als Deutscher unbeschränkt steuerpflichtig waren
- Nach dem Umzug im niedrig besteuerten Ausland ansässig sind oder in keinem ausländischen Land ansässig sind
- Weiterhin wesentliche wirtschaftlichen Interessen in Deutschland haben
Ein Wegzug in ein Niedrigsteuerland führt unter Umständen zu einer Erweiterung der Steuerpflicht auf das sog. erweiterte Inlandsvermögen.
Die Vorschrift erfasst Vermögensgegenstände, deren Erträge bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische Einkünfte nach § 34d EStG darstellen.
Grob gesprochen bedeutet dies, dass über die zum Inlandsvermögen gehörende Gegenstände hinaus auch alle anderen zu Deutschland zugehörigen Vermögenswerte erfasst werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Zusammengefasst besteht eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht in Deutschland
- noch 5 Jahre nach dem Wegzug
- darüber hinaus nur bei deutschem Inlandsvermögen
- Im Falle der erweiterten beschränkten Steuerpflicht ist die Besonderheit zu beachten, dass in einem 10-Jahres-Betrachtungszeitraum ggfs. weiteres deutsches Vermögen der Besteuerung in Deutschland unterliegt.
- Unabhängig von einer zeitlichen Komponente bleibt es bei einer deutschen Versteuerung im Falle einer Schenkung/Erbschaft an Inländer (z.B. in Deutschland lebende Kinder)
PRAXISTIPP
- Vor dem Wegzug sollte eine mögliche Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht der Beteiligten geprüft werden, um steuerliche Nachteile durch Gestaltung zu vermeiden.
- Die in Deutschland üblicherweise gewährten Steuerbefreiungen gelten zum Teil nicht für im Ausland belegenes Vermögen. Z.B. wird die Steuerbefreiung für das Familienheim nur gewährt, wenn sich dieses in Deutschland oder in der EU/EWR befindet. Dies führt dazu, dass trotz einer unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland, steuerliche Begünstigungen nicht in Anspruch genommen werden können.
- Im Ausland wird durch den Umzug unter Umständen ebenfalls eine Erbschaftsteuer- bzw. Schenkungssteuerpflicht begründet. Sofern es in Deutschland bei einer Steuerpflicht verbleibt, kann es also zu Doppelbesteuerungen kommen. Eine solche kann durch ein bestehendes Doppelbesteuerungsabkommen oder durch Anrechnung der ausländischen Steuer in Deutschland vermieden werden.
- Neben Deutschland und dem Zuzugsstaat kann noch ein weiterer Staat involviert sein, wenn der Erbe/Beschenkte in einem anderen Land lebt.
Planen Sie Ihren Wegzug und benötigen Sie steuerlichen Rat in Bezug auf eine mögliche Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht?
Ich unterstütze sie gerne in folgenden Bereichen:
- Prüfung der Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht im Falle eines Wegzugs
- Gestaltung zur Vermeidung einer nachteiligen Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerbelastung
- Begleitung von Einsprüchen und Klagen vor den Finanzgerichten im Zusammenhang mit einer Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerverpflichtung
- Gutachten zu Einzelfragen einer Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerpflicht
- Unterstützung bei der Deklaration
Sprechen Sie mich gerne hierzu an!
Disclaimer
Der Beitrag verwendet zum besseren Verständnis eine einfache Sprache und ist bezüglich der einzelnen Voraussetzungen, die das Gesetz fordert, auch verkürzt dargestellt.
Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Steuerberatung dar, sondern dient ausschließlich zur allgemeinen Information. Jede Situation ist individuell, daher empfehle ich immer eine professionelle Beratung, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
Zuletzt aktualisiert 1. Juni 2023